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Rezension: Die Ingenieurin von Brooklyn

1. November 2021

Facts:

  • Titel: Die Ingenieurin von Brooklyn
  • Autorin: Tracey Enerson Wood
  • Genre: Historischer Roman
  • Verlag: Harper Collins
  • ISBN: 978-3-749-90142-5
  • Klappenbroschur mit 464 Seiten

Klappentext:

Während Emilys Weggefährtinnen für das Frauenwahlrecht auf die Straßen gehen, muss sie einen guten Eindruck bei der gehobenen New Yorker Gesellschaft machen. Denn ihr Ehemann Wash verfolgt eine spektakuläre Vision: Er will die längste Hängebrücke der Welt über den East River bauen. Aber bereits im zweiten Jahr der Arbeiten an der Brücke erkrankt Wash schwer. Fast erblindet und auf einen Rollstuhl angewiesen, macht er Emily zu seinem Statthalter auf der Baustelle. Und was als kaum zu bewältigende Bürde begann, erfüllt die tatkräftige junge Frau schon bald ganz und gar. Doch die Widerstände gegen eine Frau an der Spitze des Großprojekts häufen sich, und Walsh zieht sich immer stärker zurück. Emily muss entscheiden, was sie will – und was sie bereit ist, dafür zu opfern … 

Rezension:

Eigentlich liebe ich historische Romane, in denen starke Frauen die Hauptrolle übernehmen. Vor allem dann, wenn sie auf geschichtlichen Fakten beruhen. Deshalb hat dieses Buch meinen Blick quasi magisch angezogen: Eine Frau als Ingenieurin eines so bekannten Bauwerks? Und gleichzeitig so unbekannt, dass ich noch nie von ihr gehört habe? Das klingt nach einem großartigen Aufhänger für einen Roman. Doch leider ist der Funke nicht ganz übergesprungen.

Zur Protagonistin konnte ich keinerlei Nähe aufbauen. Ich habe mich durchgehend von ihr distanziert gefühlt und konnte sie auch n nicht wirklich ins Herz schließen, deshalb fehlte es mir an Sympathieträgern. Allgemein kamen für meinen Geschmack die Gefühle zu kurz. Der Roman beginnt 1864 auf einem Militärball, auf welchem Emily ihrem zukünftigen Ehemann zum ersten Mal begegnet. Doch weder bei dieser Begegnung, noch bei der Hochzeit oder in irgendeiner anderen Szene habe ich die Liebe der beiden füreinander gespürt oder gar bemerkt. Es wirkte eher so, als wäre diese Verbindung für beide bequem und angemessen, von echter Leidenschaft konnte man meiner Meinung nach aber nicht sprechen. Auch ihr späteres Familienleben wird oft eher lieblos geschildert: Ihr gemeinsamer Sohn ist meistens nur eine Randnotiz, für den immer mal wieder eine neue Betreuungsmöglichkeit gesucht werden muss.

Allerdings ist der Roman sehr gut recherchiert und mit Fachbegriffen und bautechnischen Details gespickt. Aber dennoch war alles für einen Laien wie mich gut verständlich und nicht zu langweilig. Ebenfalls interessant fand ich, wie die Autorin andere geschichtliche Personen in den Roman hineingeschrieben hat, obwohl diese nichts mit der wahren Emily zu tun hatten, aber sie passten einfach perfekt in die Geschichte hinein. An dieser Stelle kann ich es nur empfehlen, auch das Nachwort zu lesen! Ich weiß, oft überspringt man das einfach, aber hier lohnt es sich wirklich. Denn die Autorin erklärt im Nachwort noch einmal, was geschichtliche Fakten sind und was Fiktion.

Außerdem bekommt man einen guten Einblick in die damalige Zeit und die Stellung der Frau. Dabei ist mir besonders aufgefallen, dass die Autorin auch speziell auf die damalige Kleidung eingeht – und wie unfassbar unpraktisch die Damenmode war. Mit den langen Röcken und vielen Schichten war es Emily nicht möglich, den Bau der Brücke praktikabel zu überwachen. Also suchte sie nach Alternativen, die sie allerdings schnell in Verruf brachten und ihr einen schlechten Beruf bescherten. Zum einen kämpften die Frauen für das Frauenwahlrecht, zum anderen verpachteten sie Frauen wie Emily, die einer „Männerarbeit“ nachkamen und große Ambitionen hatten.

Emily war zwar streng genommen nicht die Ingenieurin der Brücke, sondern anfangs nur die Botschafterin ihres Mannes. Als dieser krankheitsbedingt nicht mehr vor Ort an der Brücke sein konnte, überbrachte und überwachte Emily seine Anweisungen. Doch nach und nach las sie sich immer mehr in die Materie ein, lernte selbst viel über Brückenbau und brachte eigne Ideen mit ein.

Fazit:

Auch wenn ich mit der Protagonistin nicht ganz warm wurde, bin ich froh, dass ihre Geschichte nun weitererzählt wird. Ich habe zwar nicht das Gefühl, einen hervorragenden Roman gelesen zu haben, aber dafür werde ich diese starke Frau mit Sicherheit nicht mehr vergessen. Der Schreibstil war gut, aber das Tempo fand ich teilweise unpassend gewählt. Oft fühlte es sich mehr an wie ein interessantes Geschichtsbuch, bei dem die Punkte linear abgehakt werden. Trotzdem kann ich euch das Buch empfehlen, da das Thema durchaus spannend war und ich Neues lernen konnte. Von mir gibt es solide 3 Sterne!

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